ESG-ETFs sind BigTech-ETFs

Wäre es nicht toll, wenn man alle „bösen“ Unternehmen aussortieren könnte und nur die sozial engagierten Korporationen für Investitionen übrig blieben? Zumindest ist dies die „Mission“ von Fonds und ETFs, die ihre Anlagen auf ESG-konforme Aktien konzentrieren.

Die Aktien der „schlechten“ Unternehmen werden nicht mehr gekauft oder sogar verkauft, während die „guten“ Unternehmen das Fundament dieser Anlageinstrumente bilden. Aber wie sieht es unter der Haube aus? Welche Aktien werden von diesen Fonds gehalten und wie haben sie sich entwickelt?

Mittlerweile sollten die meisten professionellen wie auch privaten Anleger zumindest die Abkürzung ESG – Environmental Social Governance – gehört haben. Meistens werden diese Worte mit „klimafreundlichen“, sozial verantwortlichen und fürsorglichen sowie plastik- und fossilenergiefreien Unternehmen in Verbindung gebracht.

Dies ist das ideale Bild.

Wer jedoch nicht dem Idealismus anhängt, weiß, dass in der Realität nichts perfekt ist. Nicht nur wegen der Unmöglichkeit, immer nur das vermeintlich Beste zu vereinen. Es gibt auch immer Raum für Subjektivität.

Was der eine als gut empfindet, muss nicht zwangsläufig von jemand anderem favorisiert werden.

Da immer mehr Kleinanleger in solche Fonds investieren, um ihr Gewissen zu beruhigen, und aktive Fondsmanager aus den schmutzigen in die sauberen Aktien gedrängt werden, haben diese doch sicher alle gut abgeschnitten, während die absichtlich vernachlässigten schmutzigen und sündigen Aktien in Ungnade gefallen sind und zurückliegen, oder?

Es ist genau umgekehrt.

Nicht nur, dass die volumenmäßig größten dieser „Saubermann-ETFs“ schlecht abgeschnitten haben und auf Jahressicht viele sogar schlechter als der S&P500, wie die folgende Grafik von Bloomberg zeigt (per 05. Dezember 2022):

Doch worauf ist diese Underperformance zurückzuführen? Dafür müssen wir unter die Motorhaube schauen, was ich generell vor jedem Fonds-Kauf empfehlen würde!

Es ist vielleicht einfacher zu verstehen, welche Unternehmen für ESG in Frage kommen, wenn man mit den verhassten „Anti-ESG“-Unternehmen beginnt: Öl, Gas, Kohle, Rüstung und natürlich Tabak und vielleicht noch Alkohol!

Auf der anderen Seite der Sauberkeitsskala müssten sich dementsprechend Unternehmen der so genannten erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Wasserstoff, Geothermie usw.), Recycling, Abfallwirtschaft, Hersteller pflanzlicher Lebensmittel oder Unternehmen aus der Sharing Economy wiederfinden.

Entsprechend würde ich solche Unternehmen in den großen ESG-Fonds erwarten.

Doch weit gefehlt!

Der größte dieser ESG-ETFs, der BlackRock iShares ESG Aware MSCI USA ETF investiert folgendermaßen.

Zunächst nach Sektoren:

Technologie, das Gesundheitswesen und zyklische Konsumgüter gehören erneut zu den größten Sektoren. Auch haben wir hier ein recht hohes Engagement in Finanzwerten.

Der Energiesektor (als bester Einzelsektor in 2022) ist mit 5,1 % deutlich unterrepräsentiert. Auch die recht stabilen Versorger sind sehr gering gewichtet.
Wie sieht es nun mit den Einzeltiteln aus?

Die am höchsten gerichteten Unternehmen passen alle in die Kategorien „Big Tech“ oder „Blue Chips“ – also die großen Technologie-Unternehmen oder aber generell die am höchsten kapitalisierten Unternehmen nach Börsenwert.

Es fehlt aber jegliche „Besonderheit“, welche klar das Saubermann-Image unterstreicht.

Fazit: Vor jedem Fonds- oder ETF-Kauf bitte immer genau im Prospekt / Factsheet nachsehen, wie die Fonds investieren. Solche Datenblätter müssen veröffentlicht werden und sind schnell im Internet zu finden.
Die vermeintlich großen ESG-ETFs geben sich als sauber, investieren aber hauptsächlich in die nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen, vor allem mit dem Schwerpunkt Technologie.

Hierbei handelt es sich um einen Gastartikel von Alan Galecki vom Investment-Blog financial-engineering.net.

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