Jahresend-Rally oder Winterdepression voraus?

Erfahrende Anleger wissen, dass es in der Regel auf lange Sicht mehr Rendite bringt und auch schonender für das eigene Nervenkostüm ist, wenn man sich auf die Auswahl der richtigen Aktien oder Fonds konzentriert. Allerdings kann es durchaus Sinn machen den Volatilitäts-Index VIX im Auge zu behalten (z.B. hier: https://www.comdirect.de/inf/indizes/US12497K1007), denn vor allem in Jahren wie dem aktuellen mit größeren Schwankungen kann der Renditeunterschied erheblich sein.

Gastartikel

Jeder erfahrende Anleger weiß, dass es unmöglich ist den nächsten Börsen-Crash vorauszusagen. Darum geht es auch nicht. Aber angenommen, ein Anleger hätte, gemessen am Beispiel des S&P500 im laufenden Jahr 2022, entweder:

• einen Verlust von über 30%
• Einen Verlust von „nur“ 15–16% (der tatsächliche bisherige Verlust des S&P500)
• Oder gar einen satten Gewinn von mehr als 25% erzielen können, als ob es gar keinen Bärenmarkt gäbe.

Und das nur mit einem Index bzw. drei möglichen Verhaltensweisen. Wie genau ist das möglich? Mithilfe der Nutzung des Volatilitäts-Indexes VIX als Stimmungsbarometer. Daraus ließen sich im laufenden Jahr zuverlässig antizyklische Verhaltensweisen ableiten.

Zur Erläuterung: Der VIX zeigt die Erwartungshaltung bezogen auf den marktbreiten amerikanischen S&P500 Index und die künftige Schwankungsbreite an. Ist Stress im Markt, steigt dieser Index aufgrund höherer Unsicherheit sprunghaft und ohne Vorwarnung an. Meist geht dies einher mit fallenden Kursen. In steigenden Märkten bröckelt der Wert gemütlich ab, da die Märkte in der Regel deutlich schneller fallen als steigen. Beim VIX-Index ist dieses Verhalten größtenteils spiegelbildlich.

Es fällt folgende Korrelation auf:

  • ist der VIX in seinem oberen Grenzbereich, hatte der S&P500 zeitgleich ungefähr seinen Tiefpunkt (Februar, März, Juni und September)
  • Ist der VIX an der unteren Schwelle – so wie aktuell auch – war der S&P500 bereits gut gelaufen und kurz davor abzutauchen

Vor allem die Grenzwerte sind interessant. In der Regel pendelt der VIX zwischen Werten von 20 auf der Unterseite und 35–40 auf der Oberseite. Im Falle eines brutalen Crashs wie zuletzt 2020 stiegt der Index auch für kurze Zeit deutlich darüber, klappt aber genauso schnell wieder zusammen. Die Bandbreite 20–40 ist sehr interessant, weil sich der Index die meiste Zeit über darin aufhält.

Besonders spannend ist nun folgende Auswertung zu den genannten möglichen Renditewerten aus der Einleitung (Betrachtungen jeweils Jahresbeginn 2022 bis heute):

  • Ein einmaliges Investment in den S&P500 hätte eine negative Rendite von –16% gebracht.
  • Ein aktiveres und antizyklisches Investment in den S&P500 – Käufe wenn der VIX über einem Wert von 30 steht, also Stress signalisiert und die Märkte gefallen sind (Februar, März, Juni, September) – und ein Verkauf bei guter Stimmung (VIX am unteren Ende nahe 20), hätte bis heute eine Rendite von über 25% gebracht – wo ist der Bärenmarkt?
  • Ein stimmungsgetriebenes Investment genau umgekehrt zum vorherigen Punkt, kaufen wenn der VIX nahe einem Wert von 20 steht (gute Stimmung, prozyklisch wie aktuell) und verkaufen wenn Stress oder Panik im Markt ist (VIX über 30) hätte zu einem Verlust von sogar über 30% geführt, also doppelt so viel wie Nichtstun gebracht hätte.

Einen solchen Wert am unteren Ender der Schwelle haben wir aktuell wieder – der VIX steht bei 20. Im Moment ist dieses Stimmungsbarometer somit in einem tiefen Bereich. Das hört sich zunächst gut an, weil die Aussage ist: Alles in Ordnung, es wird kein Crash erwartet. Der in den letzten Wochen und Monaten gestiegene S&P500 Index bestätigt diese Aussage.

Allerdings liegt die Mehrheit an der Börse bekanntlich falsch. Eine (zu) gute Stimmung kann auch als Warnsignal gewertet werden, wenn alle auf der selben Seite der Wippe sitzen. Vielleicht könnte es gerade im aktuellen Umfeld Sinn machen den Fuß etwas vom Gas zu nehmen und beispielsweise mit Nachkäufen abwarten?

Fazit: Nicht prozyklisch mit der Stimmungslage agieren. Aktuell könnte – zumindest laut dem VIX-Indikator – die Luft temporär wieder raus sein.

Hierbei handelt es sich um einen Gastartikel von Alan Galecki vom Investment-Blog financial-engineering.net

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